Energiesparmaßnahmen nach der EnSikuMaV und EnSimiMaV

September 2022
Stefan Tüngler
Energiesparmaßnahmen nach der EnSikuMaV und EnSimiMaV

Am 1. September 2022 ist die Verordnung der Bundesregierung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) in Kraft getreten. Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) wird alsbald folgen; ihr Inkrafttreten ist für den 1. Oktober 2022 geplant.

Diese Verordnungen ergänzen die Anstrengungen der Bundesregierung zu freiwilligen Energieeinsparmaßnahmen und zielen auf eine Einsparung im Umfang von 2 bis 2,5% des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland. Zur Erreichung dieses Ziels nimmt der Verordnungsgeber aber einen hohen bürokratischen Aufwand in Kauf.

I. Einsparmaßnahmen nach der EnSikuMaV

1. Haushalte
  • Mietvertragliche Regelungen über Mindesttemperaturen in Wohnräumen werden ausgesetzt. Damit wird es Mietern ermöglicht, die Raumtemperatur auch dann abzusenken, wenn vertraglich eine höhere Mindesttemperatur vereinbart ist. Die Verantwortung der Mieter für Schäden an der Mietsache bleibt indes bestehen.
  • Betreibern privater Schwimm- und Badebecken ist die energieintensive Beheizung dieser Anlagen untersagt. Hiervon nicht betroffen sind Schwimmbecken in Nichtwohngebäuden, die kommerziell betrieben werden und solche für therapeutische Zwecke.
  • Zusätzliche Informationspflichten sollen sicherstellen, dass das Signal drastisch gestiegener Gaspreise kurzfristig vom Lieferanten an den Vermieter und vom Vermieter an den Mieter weitergegeben wird, um Endverbraucher zu sparsamem Heizverhalten anzureizen (siehe dazu unter IV.).
2. Öffentliche Hand
  • In Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand ist die Beheizung von Gemeinschaftsflächen, die nicht dem dauernden Aufenthalt von Personen dienen, etwa Treppenhäuser, Flure und Lagerräume, ab sofort untersagt. Nicht betroffen sind aber z.B. Toiletten, Teeküchen, Umkleiden und solche Räume, die zum Schutz dort installierter Technik oder gelagerter Gegenstände benötigt werden. Auch Schulen, medizinische Einrichtungen und Asylunterkünfte sind ausgenommen.
  • Außerdem wird die Höchsttemperatur in Arbeitsräumen um ein Grad Celsius abgesenkt. Dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen sind, wenn die Warmwasserbereitung überwiegend dem Händewaschen dient, abzuschalten oder die Temperatur auf das hygienische Mindestmaß abzusenken.
  • Für Gebäude und Baudenkmäler gilt – mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung – ein Verbot der Außenbeleuchtung.
3. Privatwirtschaft
  • Auch an Arbeitsstätten der Privatwirtschaft wird die Höchsttemperatur abgesenkt; zugleich gelten die abgesenkten Temperaturwerte aber als Mindesttemperaturen. Ladentüren und Eingangssysteme im Einzelhandel sind geschlossen zu halten.
  • Die Nutzung von leuchtenden bzw. lichtemittierenden Werbeanlagen wird von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages untersagt. Presseberichten zufolge ist gegen diese Vorgabe bereits Eilrechtsschutz anhängig, nachdem im Entwurf der EnSikuMaV die Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen nicht bis 16.00 Uhr, sondern nur bis 6.00 Uhr des Folgetags vorgesehen war. Noch offen ist, ob von diesem Verbot auch der Profisport betroffen ist.

II. Einsparmaßnahmen nach der EnSimiMaV

Die EnSimiMaV ergänzt die Einsparvorgaben der EnSikuMaV im Wesentlichen um eine Verpflichtung:

  • von Gebäudeeigentümern zur Optimierung der Heizungssysteme, u.a. durch Prüfung des Heizungssystems auf grundlegende Einstellungsmängel,
  • von Eigentümern größerer Gebäude, das Heizungssystem hydraulisch abgleichen zu lassen und
  • von Unternehmen, die zur Durchführung von Energieaudits nach § 8 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) verpflichtet sind oder ein Energie- oder Umweltmanagementsystem eingerichtet und einen jährlichen Gesamtenergieverbrauch von – bezogen auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre – mehr als 10 GWh haben, alle konkret identifizierten und als rentabel iSv. § 4 Abs. 1 S. 3 EnSimiMaV durchführbar bewerteten Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen. Speziellere Anforderungen für Anlagen nach § 4 BImSchG gehen vor.

III. Insbesondere: Informationspflichten nach § 9 EnSikuMaV

9 Abs. 1 EnSikuMaV statuiert eine Informationspflicht sowohl für Wärme- als auch für Gaslieferanten. Sie bezieht sich auf von ihnen belieferte (End-)Kunden (Gebäude- und Wohnungseigentümer oder Mieter) und ist bezogen auf den Energieverbrauch und die Energiekosten des Gebäudes in der letzten vorangegangenen Abrechnungsperiode und auf eine hierauf bezugnehmende Projektion der Energiekosten für die kommende Abrechnungsperiode. Zugrunde zu legen ist der am 1. September 2022 gültige Gaspreis des örtlichen Grundversorgers für Neukunden. Aus dem Durchschnittsverbrauch der letzten Abrechnungsperiode und dem aktuellen Energiepreis werden die voraussichtlichen Kosten für die kommende Abrechnungsperiode errechnet. Ihnen gegenüberzustellen ist das rechnerische Einsparpotenzial, das sich bei einer Temperaturabsenkung von 1 Grad Celsius ergibt.

Die Umsetzungsfrist für diese Informationspflicht beträgt einen Monat ab Inkrafttreten der Regelung am 1. September 2022. Versorger, die bis zum 30. September 2022 keine derart individualisierten Informationen erstellen können, müssen die Informationen auf typische Verbräuche beziehen und individualisierte Informationen bis 31. Dezember 2022 nachreichen.

Die Informationen sind fortlaufend, ebenfalls binnen eines Monats, zu aktualisieren, wenn sich das Preisniveau des örtlichen Gas-Grundversorgers erheblich ändert. Die Verordnung lässt offen, wann von einer erheblichen oder signifikanten Preissteigerung auszugehen ist.

9 Abs. 2 und 3 EnSikuMaV statuieren Informationspflichten für Eigentümer von Wohngebäuden, die leitungsgebunden mit Gas oder mit Wärme beliefert werden und über mindestens zehn Wohneinheiten verfügen. Sie beziehen sich für gewerbliche Vermietungen auf die Weiterleitung der vom Wärme- oder Gaslieferanten übermittelten Informationen an die Nutzer. Allerdings sind die Informationen zuvor entsprechend den Verbräuchen jeder Wohneinheit spezifisch aufzubereiten. Weitergehend ist für alle Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten vorgesehen, dass diese die Nutzer auf zusätzliche Möglichkeiten zur Einsparung von Wärme hinweisen müssen, etwa durch den Verweis auf die Informationskampagne des BMWK „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“. Ergänzt werden diese Verpflichtungen der Eigentümer um solche der Vermieter, die erhaltenen Informationen an die Mieter weiterzuleiten.

Offen ist die Rechtsfolge von Verstößen gegen Informationspflichten nach § 9 EnSikuMaV. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EnSiG dürfte mangels Verweises auf die Bußgeldvorschriften des EnSiG jedenfalls nicht gelten.

Für Fragen zum Inhalt der EnSikuMaV und/oder zum Inhalt des Entwurfs der EnSimiMaV stehen wir gern zur Verfügung.