BNetzA veröffentlicht Eckpunkte einer Festlegung für Fremdkapitalzinssätze

März 2023
Christoph Sieberg
BNetzA veröffentlicht Eckpunkte einer Festlegung für Fremdkapitalzinssätze

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, von der ihr in § 118 Abs. 46d EnWG eingeräumten Kompetenz zur Festlegung von Regelungen für die Bestimmung des kalkulatorischen Fremdkapitalzinssatzes für Verteilernetzbetreiber Gebrauch zu machen. Sie hat am 08.03.2023 Eckpunkte einer solchen Festlegung veröffentlicht.

118 Abs. 46d EnWG ist erst Ende des Jahres 2022 in das EnWG eingefügt worden und soll der Entwicklung der Fremdkapitalzinsen Rechnung tragen, die das jahrelange Niedrigzinsniveau teilweise sprunghaft verlassen haben. Die u.a. durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Teuerung der Energiepreise und die dadurch eintretende Inflation haben erhebliche Auswirkung auf die Netzwirtschaft, in der die regulierten Netzentgelte vergangenheitsbasiert ermittelt werden. Historische Zinsniveaus sind jedoch nicht mehr repräsentativ für die Fremdkapitalkosten. Ohne Anpassung wäre dauerhaft eine Refinanzierung der Investitionen in die Energieinfrastruktur nicht mehr zu marktgerechten Bedingungen möglich. Die Flexibilisierung der Fremdkapitalzinssätze kann insoweit nur ein erster Schritt sein. Überlegungen der Bundesnetzagentur, die Eigenkapitalzinssätze ebenfalls an die Entwicklungen anzupassen, müssen zeitnah in konkrete gesetzgeberische oder regulatorische Regelungsvorschläge münden.

118 Abs. 46d EnWG sieht die Möglichkeit einer Festlegung sowohl für den Fall steigender Zinssätze (zur Sicherstellung der Investitionsfähigkeit der Verteilernetzbetreiber) als auch für den Fall fallender Zinssätze (zur Wahrung der Grundsätze einer preisgünstigen Versorgung) vor. Die Ermächtigungsnorm ist weit gefasst und nicht auf die dort genannten drei Regelungsmaterien (z.B. Bestimmung für eine von der Regulierungsperiode abweichenden Dauer, Begrenzung auf Neuinvestitionen) beschränkt („insbesondere“). Damit hat die Bundesnetzagentur „freie Hand“, Anlass und Methode einer Anpassung der Fremdkapitalzinssätze zu bestimmen.

Der Gesetzgeber weist in der Begründung zu § 118 Abs. 46d EnWG mit Blick auf das Urteil des EuGH vom 02.09.2021 (C-718/18) darauf hin, dass die Vorschrift eine Übergangsregelung sei; schließlich ist der deutsche Gesetzgeber aufgerufen, die derzeit – nach Auffassung des EuGH – noch durch die normative Regulierung der Energiewirtschaft eingeschränkte Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund kann schon die Frage gestellt werden, ob der deutsche Gesetzgeber überhaupt noch eine Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur regeln darf, da diese ihre Kompetenz direkt und unmittelbar aus dem europäischen Recht ableitet. Diese und weitere Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des EuGH-Urteils dürften angesichts der für diesen März angekündigten Veröffentlichung der ersten Vorschläge einer EnWG-Novelle in den nächsten Wochen und Monaten intensiv diskutiert werden.

Gemäß dem Eckpunktepapier besteht der Regelungsansatz der Bundesnetzagentur darin, für die Verteilernetzbetreiber die Rechtslage zu schaffen, die bereits für die Übertragung -und Fernleitungsnetzbetreiber etabliert ist (vgl. § 10a Abs. 7 S. 5 ARegV). Sie soll die bisherige Methode der Bildung eines Fremdkapitalzinssatzes ersetzen, für den auf den Zinsdurchschnitt der letzten 10 Jahre zurückgegriffen wurde und der für die Dauer der Regulierungsperiode Anwendung fand. In Zukunft könnten danach die Verteilernetzbetreiber bei der Beantragung eines Kapitalkostenaufschlags für die Anlagenzugänge den aktuellen Fremdkapitalzinssatz ansetzen, regelmäßig den des letzten abgeschlossenen Kalenderjahres. Dieser Zinssatz soll in späteren Kalenderjahren, in denen die jeweiligen Anlagegüter in der kalkulatorischen Verzinsungsbasis zu berücksichtigen sind, unverändert bleiben. Wie bei den Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreibern ergibt sich der Zinssatz aus dem arithmetischen Mitteln von durch die Deutsche Bundesbank veröffentlichten Umlaufsrenditen bzw.  Zinsreihen (vgl. § 10a Abs. 7 S. 5 ARegV). Abweichungen zwischen Plan- und Ist-Werten werden über das Regulierungskonto ausgeglichen (§ 5 Abs. 1a ARegV i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1a ARegV).

Die Neuregelung in § 118 Abs. 46d EnWG und die darauf noch zu erlassende Festlegung können als weitere Bausteine einer verbesserten Refinanzierung von Kapitalkosten angesehen werden. Diese erfahren im System der Anreizregulierung eine Besserstellung gegenüber den Betriebskosten, weil sie im Rahmen des § 10a ARegV jährlich aktualisiert angesetzt werden können. Umso mehr fällt die Andersbehandlung der Betriebskosten auf, die nur dann zeitnäher angepasst werden können, wenn sie als dauerhaft nicht beeinflussbare oder als volatile Kostenanteile gelten (§ 11 Abs. 2, 5 ARegV i.V.m. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, 3 ARegV). Eine solche Andersbehandlung ist jedenfalls in den Fällen nicht gerechtfertigt, in denen die Netzbetreiber energiewendebedingte Zusatzaufgaben erfüllen, die nicht nur kapitalkosten-, sondern insbesondere auch betriebskostenintensiv sind