Monitoringbericht zur Energiewende

September 2025
LEITFELD Rechtsanwälte
Monitoringbericht zur Energiewende

Das BMWE hat am 15. September den Monitoringbericht zur Energiewende veröffentlicht. Der Bericht zum Start der 21. Legislaturperiode stammt aus der Feder des energiewirtschaftlichen Instituts an der Uni Köln (ewi) und der BET Consulting und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die künftige Entwicklung des Strombedarfs, den Stand der Versorgungssicherheit, den Netzausbau, den Ausbau erneuerbarer Energien, die Digitalisierung und den Wasserstoffhochlauf unter den Gesichtspunkten Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz sowie Versorgungssicherheit zu bewerten. Im Wesentlichen kommt der Bericht zu den folgenden Ergebnissen:

  • Für 2030 wird ein Strombedarfskorridor von 600-700 TWh prognostiziert. Die konkrete Höhe ist u.a. abhängig von der Geschwindigkeit des Ausbaus der E-Mobilität sowie von Elektrolysekapazitäten zur Herstellung von grünem Wasserstoff.
  • Die Zielerreichung beim Ausbau der erneuerbaren Energien wird ambivalent beurteilt: Den Zubau von PV sieht der Bericht auf dem richtigen Kurs, während für die Bereiche Onshore- sowie Offshore Windenergie eine Verzögerung prognostiziert wird.
  • Der erwartete Ausbau der landseitigen Übertragungsnetze ist zur Erreichung der Ausbauziele für erneuerbare Energien grundsätzlich ausreichend. Gleichzeitig sind die Novellierung des Bundesbedarfsplangesetzes auf Grundlage der Maßnahmen des Netzentwicklungsplans 2037/2045 sowie die zügige Umsetzung der RED III Richtlinie in nationales Recht Bedingungen zur Gewährleistung der erforderlichen Rahmenbedingungen.
  • Der Bericht identifiziert einen stark steigenden jährlichen Investitionsbedarf im Rahmen des Verteilernetzausbaus, der sich bis 2045 verdoppeln wird. Gleichzeitig sieht die Studie mögliche Einsparpotenziale durch räumliche Koordination des Ausbaus, die optimierte Auslastung an Netzverknüpfungspunkten sowie durch die Kombination von markt- und netzdienlichen Anreizen für Flexibilitäten.
  • Wasserstoff wird als zentraler Baustein der Energiewende identifiziert. Dem stehen aber derzeit hohe Bereitstellungskosten für erneuerbaren Wasserstoff gegenüber. Der Bericht geht daher von einem erheblichen Importanteil aus und sieht insgesamt Unsicherheiten im Hinblick auf die Entwicklung der Nachfrage.
  • Der Ausbau gesicherter Leistung ist für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit essenziell und zwar unabhängig von dem tatsächlichen Strombedarf. Flexibilitäten, die Optimierung des Netzausbaus sowie die Bereitstellung ausreichender Reservekapazitäten sind notwendig.
  • Der Smart Meter Rollout beschleunigt sich, sodass die gesetzlichen Ziele für 2025 und der Pflichtrollout für das Jahr 2032 erreichbar sind. Der Bericht sieht aber ungenutzte Potenziale hinsichtlich der Nutzbarkeit von Smart Metern: IT-Prozesse, Schnittstellen und Standardisierungen sind noch nicht hinreichend entwickelt.

Auf Grundlage des Monitoringberichts hat das BMWE die aktuelle energiepolitische Situation analysiert und fordert eine Neuausrichtung der Energiepolitik:

  • Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist demnach bisher zu stark ergebnisorientiert. Die Volatilität der erneuerbaren Energien zieht Systemkosten nach sich, die von Verbrauchern und Unternehmen getragen werden müssen. Zukünftig soll der Ausbau daher auf Grundlage des tatsächlichen Strombedarfs erfolgen und an realen Daten sowie der Nachfrageentwicklung orientiert werden, um diese Kosten zu senken.
  • Differenzierte Finanzierungsmodelle – z.B. zweiseitige „Contracts for Differences“ und „Clawback Mechanismen“ sollen die fixe Einspeisevergütung und die Vergütung bei negativen Strompreisen vollständig ersetzen.
  • Netzausbau, der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Ausbau dezentraler Flexibilitäten sollen synchron erfolgen und räumlich gesteuert werden, sodass der Zubau insgesamt netzfreundlich gestaltet wird.
  • Konzeptionell soll eine deutliche Hinwendung in Richtung eines technologieoffenen Kapazitätsmarkts erfolgen, indem insbesondere Ausschreibungen für Gaskraftwerke mit der Umstellungsperspektive auf Wasserstoff priorisiert werden sollen, um die Versorgungssicherheit zukünftig zu gewährleisten.
  • Digitalisierung und Flexibilitätsoptionen sollen ausgebaut werden, um den Stromverbrauch künftig besser steuern zu können und das System effizienter zu machen.
  • Das gegenwärtige Förderregime des EEG wird als künstlicher Eingriff in die Strompreisbildung kritisiert, weshalb alle Fördermaßnahmen und Subventionen auf ihren volkswirtschaftlichen Nutzen hin geprüft und auf das notwendige Maß beschränkt werden sollen. Die Strompreise sollen sich künftig stärker an Marktmechanismen orientieren.

Die durch das BMWE geforderte Neuausrichtung der Energiepolitik bedeutet für die Zukunft weitere gesetzgeberische Maßnahmen und dürfte nicht ohne Widerstände aus der Branche zu realisieren sein.

Das alles ist noch nicht abgebildet in den aktuellen Gesetzentwürfen, die sich bereits im Gesetzgebungsverfahren befinden. Hier hat der Bundestag unter anderem am 11. September 2025 erstmals über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften (BT-Drs. 21/1497) beraten. Das Gesetz soll das nationale Energierecht an europäische Vorgaben zum Verbraucherschutz anpassen und den Smart-Meter-Rollout verfestigen. Die zweite und dritte Lesung sind aktuell für den 6. November 2025 vorgesehen. Daneben sind zahlreiche weitere Gesetzesvorhaben angekündigt. Das Ministerium fordert klare Leitplanken anstatt Detailsteuerung – hier bleibt abzuwarten, wie die Neuausrichtung praktisch umgesetzt werden kann.